Europäische Stiftung

Aachener Dom

„Glaube an Europa“: Lesen Sie hier die Predigt des Schriftstellers Robert Menasse

Groß war der Andrang anlässlich der „Literatur zur Nacht 2023“. Mehr als 400 Besucherinnen und Besucher waren gekommen, um den österreichischen Schriftsteller Robert Menasse im Aachener Dom „predigen“ zu hören. Angesichts des historischen Veranstaltungsorts, der wie kein zweites Gebäude die geistige und kulturelle Einheit Europas symbolisiert, kam ihm nach der Einladung schnell die Idee, dass eine Predigt mit dem Titel „Glaube an Europa“ eine angemessene Form für diesen literarischen Abend sein könnte.

Und so machte sich der 68-Jährige daran, eine Rede vorzubereiten, die seine „Gemeinde“ wachrütteln sollte. Europa liegt ihm am Herzen, das wurde an diesem Abend mehr als deutlich. Ebenso deutlich wurden jedoch auch seine Sorgen und sein Unverständnis für die Mandats- und Entscheidungsträger. „Solange die führenden politischen Kräfte vor allem ihre nationalen Interessen verteidigen, solange sie vor allem die nächste Wahl im eigenen Land und nichts als den ökonomischen Markt im Blick haben, kann die Vision von einem gemeinsamen Europa nicht zur Wirklichkeit werden.“

Immer wieder griff der preisgekrönte Schriftsteller als rhetorisches Mittel auf liturgisches Vokabular zurück, um seine „Schwestern und Brüder“ zur Umkehr von der Umkehr aufzufordern. „Wir, die Wähler, müssen der Uneinsichtigkeit der Regierenden endlich Einhalt gebieten!“ Aus seiner Sicht sei die europäische Idee zurückgedrängt worden zugunsten eines Festhaltens an der „Fiktion des Nationalismus“. Eine These, die er mit mehreren Beispielen unterfütterte.

Über „Sündenfälle“ wie eine fehlende wehrhafte Friedenspolitik konnte er sich mit Wiener Schmäh leidenschaftlich echauffieren, um am Ende seine Utopie von einem Europa, das seine Werte ernst nimmt, in Form eines Gleichnisses darzulegen. Im anschließenden Gespräch mit Sandra Kegel, Feuilleton-Leiterin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, fand Menasse zwar auch keine Lösung für das Überwinden populistischer nationalistischer Bestrebungen in vielen Ländern Europas, aber er gab einen Ausblick auf seine weiteren literarischen Pläne. Eine Fortsetzung seiner beiden Erfolgsromane „Die Hauptstadt“ (2017) und „Die Erweiterung (2022) sei denkbar.

Ob nun alle im Publikum Menasses Ansichten und Analysen teilten oder nicht – am Ende riss es einen Großteil der Besucherinnen und Besucher zu Ovationen hin. „Das war ein außergewöhnlicher und seltener literarischer Beitrag zur Situation in Europa“, konstatierte Gastgeber Dr. Jürgen Linden, Stiftungsratsvorsitzender der Europäischen Stiftung Aachener Dom. „Die Predigt ist definitiv als Ermahnung rübergekommen, es besser zu machen!“

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